Für den Frieden — auch im Netz

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Das Bild von Merkel und Macron, die sie sich am 100. Jahrestag des Waffenstillstands des ersten Weltkriegs umarmten, hat weltweit in den Medien Wellen geschlagen. Solche Momente regen immer zum Nachdenken an. Noch vor hundert Jahren waren Franzosen und Deutsche „Erbfeinde“, die historisch dafür bestimmt waren, unversöhnlich und ständig das gegenseitige Blut auf dem Europäischen Kontinent zu vergießen. Dieses Schicksal fand einen brutalen Zenit in der Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts, dem ersten Weltkrieg, in dem sich das Tötungspotenzial der Konfliktparteien durch die Verwendung von modernen Kriegsmitteln wie chemischen Waffen, Maschinengewehren und dauerhaftem Artilleriebeschuss massiv erhöhte.

Denkmal des Wagens von Compiègne, dem Ort der Unterzeichnung der Kapitulation Deutschlands im Ersten Weltkrieg in der Nähe von Verdun. Zu sehen sind Schienen und ein Betonschrein, der die Stelle markiert, an dem der Wagon stand. (CC-BY-SA MagentaGreen via Wikimedia)

Denkmal des Wagens von Compiègne, dem Ort der Unterzeichnung der Kapitulation Deutschlands im Ersten Weltkrieg in der Nähe von Verdun (CC-BY-SA MagentaGreen via Wikimedia)

Trotz der langen Phase des Friedens in Europa hat sich wenig daran geändert, dass unentwegt neue Methoden und Mittel der Kriegsführung entwickelt werden. Doch was viele bei den Diskussionen über neue Kampfjetdesigns oder Waffenhandel vergessen, ist dass jeder von uns die wahrscheinliche gefährlichste Waffe täglich in der Hand hält. Das Internet verbindet uns nicht nur über soziale Netzwerke sondern bietet auch in vielen entwickelten Ländern die grundlegendste Infrastruktur. Von Kommunikationsmöglichkeiten über medizinische Versorgung bis hin zu Stromkraftwerken spielt das Internet eine immer größere Rolle. Ein Angriff auf diese Infrastruktur kann massive Folgen haben und wird laut Experten die Zukunft der Kriegsführung definieren.

Aus diesem Grund fand im Anschluss zur Gedenkveranstaltung zum 100. Jahrestages des Waffenstillstands des ersten Weltkriegs die Digital Week in Paris statt. Die Veranstaltung bietet eine Plattform zum Austausch zwischen internationalen Tech-Giganten und Regierungen und kulminierte in der von Emmanuel Macron angeführten Initiative des “Paris Call for Trust and Security in Cyberspace”. Die Deklaration richtet sich gegen Cyberkriminalität und Bedrohungen im virtuellen Raum. Regierungen und Unternehmen bekennen sich unter anderem dazu die Funktionalität des Internets zu wahren und zu verbessern. Schutz von geistigem Eigentum und Maßnahmen gegen Wahleinmischung, sowie die Eindämmung offensiver Aktionen nicht-staatlicher Akteure adressiert einige der wichtigsten Probleme in den heutigen internationalen Beziehungen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Staaten wie die USA, Russland, China, Iran, Israel und Saudi Arabien nicht zu den Unterstützern der Deklaration zählen. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hingegen traten an diesem historischen Datum als geeinter Block auf und unterzeichneten ausnahmslos die Deklaration. Daneben unterzeichneten weitere 23 Staaten, eine Reihe von internationalen Unternehmen (darunter Microsoft, Nokia, Airbus und Siemens) sowie diverse technologierelevante Institutionen das Abkommen.

In einhundert Jahren hat sich viel verändert. Statt eines verfeindeten, zersplitterten und zerstörten Europas, genießen wir eine lange Periode des Friedens, des Zusammenhalts und des Wohlstands. Dass wir heute die virtuellen Grenzen gemeinsam beschreiten und sie nicht gegenseitig bedrohen, zeugt von den immensen Fortschritten, die wir seither gemacht haben.

Von Stefan Schwarz

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  • Denkmal des Wagens von Compiègne, dem Ort der Unterzeichnung der Kapitulation Deutschlands im Ersten Weltkrieg in der Nähe von Verdun (CC-BY-SA MagentaGreen via Wikimedia)